Farbladung

In der Physik entsprechen Farben Wellenlängen. Weil Licht je nach Wellenlänge unterschiedlich stark gebrochen wird, entsteht ein Regenbogen wenn Sonnenlicht auf Regentropfen oder ein Prisma fällt.

Unsere Farbwahrnehmung ist aber anders: Rot und violett sind keine Endpunkte des Farbspektrums über orange, gelb, grün und blau sondern auch durch einen Farbverlauf verschiedener lila Nuancen miteinander verbunden, so dass sich der Kreis schließt.

Wir können nicht zwischen Licht einer einzigen Wellenlänge oder Mischungen mehrerer Wellenlängen unterscheiden. Darum ist es möglich im Drucker mit lediglich den drei Farben cyan, magenta und gelb beliebige Farben zu erzeugen. Bei Bildschirmen werden die Farben durch rote, grüne und blaue Leuchtpunkte erzeugt. Leuchten alle drei gleich hell, entsteht der Eindruck von weißem Licht.

     

Dieses Prinzip, dass drei verschiedene Ausprägungsformen sich gegenseitig neutralisieren, hat den Begriff der Farbe in die Physik der starken Wechselwirkung gebracht, wo er gar nichts mehr mit der Wellenlänge von Licht zu tun hat. Die starke Wechselwirkung sorgt dafür, dass Protonen und Neutronen Atomkerne bilden, obwohl sich die positiv geladenen Protonen gegenseitig elektrisch abstoßen.

Auch für Künstler ist es spannend sich damit auseinander zu setzen, welche Effekt Farben aufeinander haben. In den Arbeiten von Julia Neuberger zeigt sich eine deutliche Parallele zu den Farbkombinationen in der Physik der starken Wechselwirkung.

Protonen und Neutronen bestehen jeweils aus einem roten, einem grünen und einem blauen Quark, die ihrerseits ebenfalls durch die starke Wechselwirkung zusammengehalten werden. Mit Hilfe von Beschleunigern ist es möglich auch Antiquarks zu erzeugen, deren Farben antirot, antigrün oder antiblau genannt werden.

   

         
(Urheberin: Julia Neuberger)

Auch die Kombination von einem Quark und einem Antiquark mit der entsprechenden Antifarbe oder dreier Antiquarks mit verschiedenen Antifarben sind farbneutral und werden beobachtet. Bis heute wurde noch kein einzelnes Quark beobachtet, sondern immer nur mehrere Quarks in einem Verbund, so dass sich die Farben gegenseitig neutralisieren.

                
(Urheberin: Julia Neuberger)

Ein Quark (oder Antiquark) kann seine Farbe ändern, indem es ein Gluon abstrahlt, das die ursprüngliche Farbe und die zur neuen Farbe des Quarks passende Antifarbe hat. Ein Quark kann auch ein Gluon aufnehmen, was ebenfalls zu einer entsprechenden Farbänderung führt. Auch das Gluon selbst kann ein Gluon abstrahlen oder auch aufnehmen, so lange die Farbe oder Antifarbe passen, und dadurch seine Farbe oder Antifarbe verändern. Es ist sogar möglich, dass ein Gluon ein Quark und ein Antiquark erzeugt, welche die Farbe und Antifarbe des Gluons haben, und sich nach kürzester Zeit wieder in ein Gluon umwandeln.

Solche Farbumwandlungen finden auch die ganze Zeit innerhalb eines jeden Protons und Neutrons statt und tatsächlich entsteht etwa 98% ihrer Masse durch diese Prozesse und nur 2% stammen von der Masse der drei Quarks. Wie genau das funktioniert ist ein aktuelles Forschungsthema in der Physik.

Die mit Beschleunigern erzeugten Systeme aus farbneutralen Quark(-Antiquark)-Kombinationen zerfallen in kurzer Zeit in die normalen uns umgebenden Teilchen. Durch die Untersuchung dieser Zerfälle ist es möglich, Erkenntnisse über die starke Wechselwirkung zu erlangen.